ENERGIES RENOUVELABLES
sol(ID)aires
Le savoir suisse au service des cellules solaires à couches minces bon marché
Schweizer Know-how für billige Dünnschichtsolarzellen
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Zusammenfassung:
    Seit gut 20 Jahren wird der baldige Marktdurchbruch für billige Solarzellen auf Basis der Dünnschichttechnik prophezeit. Weil sich aber die Preise nicht wie erhofft drücken liessen und die Wirkungsgrade bescheiden blieben, konnten sie sich bisher nicht durchsetzen. Dies soll sich demnächst mit Hilfe von Schweizer Know-how ändern: Ein neues Verfahren ermöglicht Prozesstemperaturen von weniger als 200oC, womit Kunststoffe wie Polyimid oder PET als Träger für Dünnschichtzellen verwendet werden können.

Résumé français:
    Depuis au moins de 20 ans, on prédit que des cellules solaires bon marché, basées sur la technique à couche mince, s’imposeront bientôt sur le marché. Mais comme les prix n’ont pu diminuer autant que l’on espérait et que les rendements restaient modestes, cette technique n’a pas encore réussi à percer. Cette situation devrait cependant changer prochainement grâce au savoir-faire suisse. Un procédé nouveau se contente désormais de températures de processus inférieures à 200oC, ce qui permet d’utiliser comme support pour les cellules des matières synthétiques telles que le polyamide ou le PET.

René Mosbacher

    Als Anfang der 80er-Jahre die ersten Dünnschichtsolarzellen auf den Markt kamen, feierte man dies als Durchbruch in Richtung kostengünstiger Fotovoltaik. Hoffnung weckte vor allem der um Grössenordnungen kleinere Bedarf an teurem Silizium: Während die bis dahin üblichen mono- und polykristallinen Zellen aus rund 300 Mikrometer (um) starken Scheiben (Wafern) hochreinen Siliziums bestehen, benötigen Dünnschichtzellen bloss eine Schicht aus amorphem Silizium von weniger als 1 um Dicke.
    Wie sich aber zeigt, vermochte dieser Zellentyp die Erwartungen bisher keineswegs zu erfüllen. So gelang es vor allem nicht, die Preise im erhofften Mass zu drücken. Lange Zeit waren amorphe Dünnschichtzellen etwa gleich teuer wie kristalline, und erst seit kurzem sind sie pro Watt Spitzenleistung etwa 20 bis 25% billiger. Auch der Wirkungsgrad dieser Technik verharrte bis heute auf tiefem Niveau. Marktübliche Module aus amorphen Silizium-Dünnschichtzellen erreichen bloss 5% bis 7% (stabilisiert[1]) -polykristalline erreichen demgegenüber Wirkungsgrade bis 13%, monokristalline bis 15%.
    Die Kombination von eher bescheidenem  Preisvorteil  und  niedrigem Wirkungsgrad war offensichtlich nicht attraktiv genug far einen breiten Durchbruch am Markt. Wie eine Studie der Zeitschrift Photon Internationa1 [2] vom letzten März zeigt, lag der Marktanteil der Silizium-Dünnschichtzellen im Jahr 2002 weltweit bei bloss etwa 6,3%, die monokristallinen erreichten etwa 30,4%  und die polykristallinen rund 51,6%. Den Rest teilen sich exotische Zellentypen.
    Der grösste Teil der Dünnschichtzellen geht in die Herstellung von kleinen autarken Geräten mit niedrigem Energiebedarf wie Taschenrechner, Uhren oder Messgeräte. In gebäudeintegrierten, netzgekoppelten Anlagen sind sie hingegen kaum zu finden. Dies ist insofern bemerkenswert, als die Dünnschichttechnik von ihrem Aufbau her (dünne Siliziumschichten auf billigen und fast beliebig geformten Trägermaterialen) eigentlich prädestiniert für den Einsatz am Bau wäre.

Noch nicht billig genug
    Der bisher verhaltene Erfolg bedeutet aber nicht, dass die Silizium-Dünnschichttechnik aufgegeben worden wäre. Im Gegenteil: Während der letzten zwei Jahrzehnte wurde sie in der ganzen Welt intensiv weiterentwickelt. Wesentliche Beiträge dazu hat das Institut de Micro-technique (IMT) der Universitat Nenenburg[3] geleistet. Die dortigen Forscher arbeiten seit 18 Jahren systematisch an der Reduktion der Herstellungskosten. Ihre Arbeiten wurden zum grossen Teil vom Bundesamt für Energie finanziert.
    Um Dünnschichtzellen billiger produzieren zu können, gibt es verschiedene Ansatzpunkte. An erster Stelle steht der Herstellungsprozess für die Siliziumschichten. Die Neuenburger Wissenschafter optimierten die hierfür eingesetzte «Plasma Enhanced Chemical Vapour Deposition»-Technik (PECVDTechnik, s. Kasten).
    Dieses Verfahren wird seit rund 20 Jahren in der Mikroelektronik und der Oberflächentechnik eingesetzt, um unterschiedlichste Stoffe in dünnen Schichten auf verschiedensten Trägermaterialen abzuscheiden. Damit werden heute neben Solarzellen beispielsweise Flachbildschirme hergestellt  oder auch Hartstoff-beschichtete Werkzeuge für die spanabhebende Bearbeitung.

Kostenrcduktion durch kilrzere Produktionszeiten
    Für die Herstellung wirklich billiger Dünnschichtzellen hat die herkömmliche PECVD einen Nachteil: Das Abscheiden der Schichten dauert zu lange. Dies wiederum verursacht lange Produktionszyklen und verteuert das Produkt. Durch verschiedene Verbesserungen gelang es dem IMT mittlerweile, die Abscheiderate zu verfünffachen. Mit dem von ihm entwickelten VHF-Verfahren dauert der Abscheidungsprozess für die Siliziumzelle noch rund 10 Minuten. Ursprünglich war hierfür eine Stunde nötig.
    Gleichzeitig konnte auch die Abscheidetemperatur auf unter 200 oC gesenkt werden. Damit lassen sich auch Kunststoffe (Polyimid[4]), PET[5]) als Träger für Dünnschichtzellen verwenden. Das entsprechende PECVD-Verfahren hat das IMT mittlerweile an die Startup-Firma VHF Technologies in Le Locle lizenziert. Es stellt damit flexible Dünnschichtzellen her und vermarktet sie unter dem Namen Flexcell.

Amorph + Mikrokristallin = Micromorph
    Ein weiterer Schritt auf dem Weg zu billigeren Zellen gelang dem IMT Mitte der 90er-Jahre in Form der micromorphen Zellen. Dabei handelt es sich um Tandemzellen, die aus je einer Schicht amorphem und mikrokristallinem Silizium bestehen (Bilder 1 und 2).

Aufbau einer micromorphen Dünnschichtzelle
Bild 1  Aufbau einer micromorphen Dünnschichtzelle
a-Si: amorphes Silizium; uc-Si: mikrokristallines Silizium; TCO: leitende transparente Zinkoxidschicht; Der Zusatz: H bedeutet, dass die Schichten Wasserstoff enthalten. Der Wasserstoff gelangt beim Herstellungsprozess aus dem Reaktionsgas (Silan und
Wasserstoff) in die Schicht und wird dort gebunden. Der wasserstoffgehalt ist ein typisches Merkmal aller mit PECVD hergestellten Dünnschichtzellen.
Mikroskopaufnahrne der am IMT entwickelten rnicrornorphen Dünnschichtzelle
Bild 2  Mikroskopaufnahrne der am IMT entwickelten rnicrornorphen Dünnschichtzelle
ZnO: Zinkoxid; uc-Si: mikrokristallines Silizium; a-Si: amorphes Silizium

Die Kombination von verschiedenen Modifkationen desselben Stoffs verbessert die Ausnützung des Sonnenlichts. Während amorphes Silizium den Bereich von 400 nm bis 700 nm nutzt, kann mikrokristallines Wellenlängen bis fast 1000 nm -also bis ins nahe Infrarot - in Strom umwandeln (Bild 3).

Höhere Lichtausbeute der micromorphen Zelle
Bild 3 Höhere Lichtausbeute der micromorphen Zelle
Durch die Kombination Von amorphem (a-Si) und mikrokristallinem (uc-Si) Silizium kann die micromorphe Zelle das Licht bis ins nahe Infrarot nutzen. Die Quantenausbeute ist ein Mass dafür, wie gut ein Material Licht in elektrische Energie umwandelt.

    Dadurch steigt der Wirkungsgrad der Zellen. Momentan erreichen Labormuster der micromorphen Zellen 11% bis 11,5 % (stabilisiert). Am IMT geht man davon aus, dass sich dies noch auf über 12% steigern lässt.
    Weitere Verbesserungen erzielten die Westschweizer auch bei den Kontaktschichten: Um den Strom von der Zelle abzuführen, werden Schichten aus transparenten leitenden Stoffen (TCO, Transparent Conductive Oxide) benötigt. Sie erfüllen in der Solarzelle gleichzeitig noch die Aufgabe, das Licht optisch optimal einzukoppeln. Durch die Verwendung von besonderen Zinkoxidschichten mit entsprechender Nano-Strukturierung konnte die Reflexion des einfallenden Lichts vermindert und die Absorption im Gegenzug erhöht werden (Bild 4).

Zinkoxid verbessert die Lichtabsorption
Bild 4  Zinkoxid verbessert die Lichtabsorption
Zinkoxid bat in der Dûnnschichtzelle des IMT zwei Funktionen: Emerseits leitet es auf der Vorder- und Hinterseite der Siliziumzellen den Strom ah, und andererseits verbessert es mit semer fein strukturierten Oberfiâche die Lichtabsorption.

Technologietransfer im grossen Stil
    Nun geht es darum, die Forschungsergebnisse in die industrielle Produktion umzusetzen. Hierfür hat das IMT mit der Firma Unaxis Displays aus dem liechtensteinischen Balzers eine weit reichende Zusammenarbeit beschlossen. Die aus dem früheren Oerlikon-Bührle-Konzern hervorgegangene Firma ist weltweit einer der führenden Hersteller von Produktionsanlagen für Flachbildschirme. Diese Anlagen nutzen ebenfalls Plasmaprozesse zum Abscheiden dünner Schichten aus amorphem Silizium.
    Die Projektpartner wollen mit ihrer Zusammenarbeit die Solarenergie reif für die Massenproduktion machen. Zu diesem Zweck will Unaxis während der nächsten zwei Jahre 15 Mio. bis 20 Mio. Franken in die Entwicklung eines industriellen Produktionsverfahrens investieren. Hierfür richtet die Firma in Neuenburg ein neues Forschungslabor ein, in dem ihre bewährten Anlagen an die Herstellung von Dünnschichtzellen angepasst werden. Geleitet wird das Labor von IMT-Wissenschaftlern.
    Als Erstes gut es, das am IMT entwickelte  Beschichtungs-Know-how,  im Speziellen den schnellen VHF-Abscheidungsprozess, zu integrieren. Dabei erhalten die Projektpartner Unterstützung vom Forschungszentrum für Plasmaphysik der ETH Lausanne (CRPP[6]), das sein Know-how auf dem Gebiet der industriellen Plasmen beisteuert.
    Wenn dies gelungen ist, wird der Prozess dahin gehend optimiert, dass alle für Dünnschichtzellen notwendigen Schichten nacheinander im selben Reaktor aufgebracht werden können. Bisher waren drei Durchgänge in verschiedenen Reaktoren nötig, was die Herstellung verteuerte. Gerade hier liegt ein grosser Vorteil der Unaxis-Anlagen, denn sie sind von Grund auf für die Abscheidung mehrerer Schichten nacheinander ausgelegt.
    Und schliesslich geht es darum, Trägermaterialien mit mehr als 1 m2 Fläche in gleich bleibend hoher Abscheidungsqualität beschichten zu können. Das verbilligt die Herstellung der Zellen weiter.
    Am Ende der Entwicklung sollen leistungsfähige Anlagen für die Herstellung von Dünnschichtzellen zur Verfügung stehen. Die Projektpartner erwarten bei der Herstellung von Dünnschichtzellen ähnliche Effizienzgewinne, wie sie in den letzten Jahren bei den Flachbildschirmen möglich waren. Bis in zwei Jahren sollte die erste Pilotanlage zur Produktion von micromorphen Solarzellen bereit sein und nur ein Jahr später sollen die ersten industriellen Anlagen auf den Markt kommen. Bis dann sollen die Kosten for micromorphe Zellen auf 1,5 Euro/Wp gedrückt werden - das entspricht etwa der Hälfte dessen, was heute normale amorphe Zellen kosten oder rund einem Drittel des Preises für kristalline Zellen. Als Wirkungsgrad sind dann stabilisierte 8-9% angepeilt.
    Mit ihrem Wirkungsgrad, ihrem Preis und ihren technischen Eigenschaften eignen sich micromorphe Zellen vorab für grossflächige Anwendungen. Besonders interessant dürfte die gebäudeintegrierte Fotovoltaik sein, da die Flächen dort sozusagen gratis zur Verfügung stehen. So wirkt sich der tiefere Wirkungsgrad gegenüber der kristallinen Konkurrenz kaum auf die Investitionskosten aus.
 

Dünne Schichten aus kühlem Plasma
     Ähnlich wie die verwandten Verfahren Epitaxie und CVD (Chemical Vapor Deposition) dient das PECVD-Verfahren (Plasma Enhanced CVD) dazu, dünne Feststoffschichten aus der Gasphase auf Trägermaterialien abzuscheiden. Bei der Produktion von Dünnschichtsolarzellen wird als Reaktionsgas die Siliziumverbindung Silan (SiH4) verwendet. Im Beschichtungsreaktor wird das Silan dutch ein hochfrequentes elektromagnetisches Feld in ein Plasma umgewandelt. Dabei entstehen Siliziumradikale, die sich auf dem Trägermaterial als dünne Schicht niederschlagen.
Schematischer Aufbau eines PECVD-Reaktors
Schematischer Aufbau eines PECVD-Reaktors
RF: Radio Frequency. Bei PECVD ist damît meist 13,56MHz gemeint 

     Der entscheidende Unterschied zwischen den verschiedenen Beschichtungsmethoden liegt in der Reaktortemperatur. Während sie bei der Epitaxie um 1000 oC und bei der CVD bei mindestens 400 oC liegt, genügen bei der PECVD weniger als 250oC.
     In der Regel arbeitet die industrielle PECVD mit 13,56 MHz Anregungsfrequenz. Für Anlagen mit diesen Frequenzen gibt es auf dem Markt Standardausrüstungen, und das verfügbare verfahrenstechnische Know-how ist gross. Solche Anlagen haben aber einige Nachteile, wenn es darum geht, dünne Siliziumschichten kostengünstig abzuscheiden. So nimmt bei ihnen mit steigender Abscheidegeschwindigkeit die Qualität der Schichten stark ab. Dies läuft den Erfordernissen einer billigen Massenproduktion - kurze Durchlaufzeiten bei gleichbleibend hoher Qualität - zuwider. Zudem benötigen sie Abscheidetemperaturen Oüer 200 oC. Das schlkiesst die Verwendung von billigen Kunststoffen als Trägermaterial aus.
     Am IMT wurde das PECVD-Verfahren hinsichtlich der Herstellungskosten stark verbessert. Im Wesentlichen wurde dies durch Anheben der Anregungsfrequenz in den Bereich zwischen 30-100 MHz erreicht Da diese Frequenzen im VHF-Band (Very High Frequency) liegen, spricht man hier vom VHF-Verfahren. Was einfach klingt, erforderte aber einiges an Forschung und Entwicklung. Weil sich die physikalischen Eigenschaften von elektromagnetischen Schwingungen stark mit der Frequenz ändern, war beispielsweise die Einkopplung der VHF-Felder in den Reaktor neu zu lösen. Auch galt es, unerwünschte Abstrahlungen in die Umgebung zu vermeiden. Dies ist geboten, weil das VHF-Band intensiv - beispielsweise von UKW-Radiosendern - genutzt wird. Im Laufe der Forschungsarbeiten gelang es dem IMT schliesslich, die Reaktortemperatur unter 200 oC zu drücken, womit auch Kunststoffe als Träger für Dünnschichtzellen in Frage kommen. Zudem konnte die Abscheidungsrate um rund das Fünffache beschleunig werden.

Angaben zum Autor
René Mosbacher, Chemiker FH, ist set 1989 Fachjournalist für Energie, Umwelt und Gebäudetechnik. Oerlikon Journalisten AG, Gubelstrasse 59, CH-8050 Zürich, mosbache@fachjournalisten.ch

[1] Bei amorphen Zellen wird der sogenannte stabilisierte Wirkungsgrad angegeben. Grund dafür ist, dats sie während der ersten rund 1000 Betriebsstunden 25-30% ihres Anfangswirkungsgrads einbüssen. Kristalline Zellen hingegen verlieren kaum Wirkungsgrad.
[2] Photon International, März 2003, 42 ff.; www.photonmagazine.com
[3] Institut de Microtechnique (IMT), Université de Neuchâtel, Rue Breguet 2, CH-2000 Neuchâtel, www-imt.unine.ch, Leitung: Professor Arvind Shah, arvind.shsh@unine.ch
[4] Polyimide sind hochtemperaturbeständige Polymere mit ausgezeichneten mechanischen, thermischen und elektrischen Eigenschaften. Sie werden in der Mikroelektronik beispielsweise für Pufferschichten, Passivierungsschichten,  Bindeschichten  und  dielektrische Zwischenschichten verwendet und werden meist flüssig aufgebracht und anschliessend im Ofen gehärtet. Polyimid kann lithographisch strukturiert werden.
[5] PET: Polyethylenterephtalat, ein  teilkristalliner oder amorpher, aus langen Molekülketten (Makromolekülen) bestehender Kunststoff. Der Aufbau der Molekülketten kann gezielt beeinflusst werden, wodurch sich die Eigenschaften der späteren Produkte bestimmen lassen. PET ist unter Hitze formbar und kaun in nahezu jede beliebige Form gebracht werden.
[6] CRPP: Centre de recherches en physique des plasmas, EPFL Lausanne, CH-l015 Lausanne, http://crppwww.epfl.ch


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