Sonnenziegel der neuen Generation
Ob Ziegeldach, Schieferdach, Glasdach oder Metaltdach: Für alle diese Varianten gibt es heute ästhetisch überzeugende Möglichkeiten, Strom erzeugende Solareleinente in die Dachfläche zu integrieren. Dabei führen anspruchsvolle Integrationslösungen nicht mehr zwingend zu hohen Mehrkosten.
Margrit de Lainsecq
Tuiles solaires de nouvelle génération
Que ce soit un toit de tuiles, une verrière ou un toit métallique, pour toutes ces variantes, il existe à l’heure actuelle des possibilités esthétiquement convaincantes pour intégrer des cellules photovoltaïuqes dans lee toit. De plus, les solutions proposées n’emntraînent plus obligatoirement des coûts supplémentaires élevés.

Schnelle Bewilligung
    Mit seinem ersten Kunden hatte And­reas Rupp Glück. Rüger Favre hatte bei ihm nicht nur Strom prüduzierende Ziegel für 70.000 Franken bestellt, er brachte auch die Geschichte mit, die der Erfinder des «Sunny Tile» immer wieder gern er­zählt: Favre wollte auf seiner Scheune im Dorfkern von Fällanden im Zürcher Glat­tal eine Solarstromanlage installieren, bekam jedoch von der Geineinde keine Bewilligung, weil man um das Dorfbild bangte. Dann habe Favre den Sunny Tile kennen gelernt, der mit monokristallinen Solarzellen bestückt ist und in Grösse, Fürm und Farbe genau dem traditionellen Tonziegel entspricht. Mit einem solchen Solarziegel sei er nochmals beim Bauamt der Geineinde vorbeigegangen und habe zwei Wochen später die Bewilligung für sein Solardach in der Tasche gehabt.
    Das war Ende 1996. Und obwohl die Anlage in Fällanden seither einwandfrei funktioniert und Andreas Rupp mit sei­nem Solardachziegel an Baufachmessen regelmässig auf Interesse stösst, ist keine grössere Anlage mehr entstanden. Grund: Der stolze Preis. Nicht besser er­ging es einem anderen Produkt, dem Solardachschiefer «Sunslates». Der Berner Herstellerfirma Atlantis gelang es zwar, innerhalb von drei Jahren im In- und Ausland Eleinente mit insgesamt fast ei­nem Megawatt Leistung auf die Dächer zu bringen. Doch im Mai 2000 ging die Atlantis-Gruppe Konkurs. Erst seit kur­zem ist der Solardachschiefer wieder er­hältlich; die Westschweizer Firma SES, Société d'Energie Solaire SA, hat Patent und Produktion übernommen.

Bild 1 Der «Sunny Tile» entspricht in Fürm, Farbe und Grösse dem Tonziegel (Bild Andreas Rupp).
Grossere Eleinente sparen Kosten
     Ein drittes in der Schweiz entwickel­tes Produkt aus der Reihe der kleinfür­matigen Photovoltaikeleinente für die Schrägdachintegration, der Newtec-Son­nendachziegel, wurde an die deutsche Firma Phönix SonnenStrom AG ver­kauft. Dieses Eleinent ist mit einer Flä­che von knapp 0,4 Quadratmeter wesent­lich grösser als klassische Solardachzie­gel wie Sunny Tile und Sunslates, lässt sich aber ebenfalls auf eine herkömm­liche Dachlattung montieren und ersetzt als garantiert wetterfestes System jede konventionelle Dacheindeckung. Ste­phan Dautel von der Phönix Sonnen­Strom AG sieht durchaus Chancen für das 1999 übernommene Produkt: «Unser Solardachziegel ist klein genug, um an­spruchsvolle Geometrien zu verlegen, aber gleichzeitig gross genug, um den Verlege- und Verkabelungsaufwand und damit die Kosten minimal zu halten.»


Bild 2 Mit dem «Sunny Tile» eingedeckt: Eine Scheune mitten im alten Dorfkern von Fällanden/ZH. Eine aufgesetzte Solarstromanlage hitte das Bauamt der Geineinde hier nicht akzeptiert (Bild Andreas Rupp).

    Während kleinflächigere Solardachzie­gel pro Kilowatt Leistung oft dop­pelt so teuer zu stehen kämen wie aufgeständerte Photovoltaikanlagen, sei bei Newtec mit einem Mehrpreis von höchstens 20% zu rechnen. Eine stei­gende Zahl von Kunden sei bereit, die­sen Mehrpreis für eine überzeugend integrierte Anlage zu bezablen. «Im Jahr 2001 konnten wir Solardachziegel mit insgesamt 150 Kilowatt installieren, und für dieses Jahr ist eine Verdoppelung geplant», infürmiert Stephan Dautel.

Gerät die Schweiz ins Hintertreffen?

    In Deutschland und anderen europäi­schen Ländern, wo bisher zum weitaus grössten Teil aufgestlinderte und aufge­setzte PV-Anlagen entstanden sind, ge­winnen integrierte Lösungen derzeit an Terrain. Auch anspruchsvollere und et­was teurere Systeme scheinen von den in mehreren Ländern gestarteten neuen För­derprogrammen zu profitieren. Anders in der Schweiz. Hier haben sich Planer und Architekten zwar mit beispielhaften Integrationslösungen früh einen Namen gemacht und der Schweiz auf diesem Gebiet zu einer Vorreiterrolle verholfen. Doch seit das neue Energiegesetz in Kraft ist und Subventionen des Bundes für PV­Anlagen ohne Pilotcharakter wegfallen, sind private Hauseigentümer mit Investi­tionen in Solarstromanlagen zurüteichaltend.
     «Stimuliert wird die Nachfrage in der Schweiz derzeit fast ausschliesslich durch die Solarstrombörsen», sagt Peter Toggweiler von der Enecolo AG (verglei­ehe Interview). Bei diesem Markt müssen Anlagenbetreiber auf möglichst tiefe Stromgestehungskosten achten, weshalb es anspruchsvolle Integrationslösungen schwer haben. «Die Integration wird zu wenig honoriert», urteilt aueh Stefan No­wak, der vom Bundesamt für Energie be­auftragte Programmleiter Photovoltaik. «Bei einigen Betreibern von Solarstrom­börsen wird aber darüber nachgedacht, wie sich dies ändern liesse.» Dazu gehö­ren Basel und Lausanne: Beide Städte veifügen über gut funktionierende Solar­strombörsen. Obwohl Integrationslösun­gen (noch) nicht extra honoriert werden, ist das Klima für die Realisierung von PV-Anlagen hier generell gut, denn beide Stadtgeineinden bezahlen grosszügige Förderbeiträge in der Höhe von 30 bis 40% an die Anlagekosten.
Ein Montagesystem als Exportschlager
    Trotz schwieriger Marktbedingungen konnten sich einige neuere Integrations­systeme jedoch erfolgreich auf dem Markt etablieren. Dazu gehört insbeson­dere Solrif. Der Name steht für Solar Roof Integration System, das auf Schräg­dächern mit herkömmlichem Unterdach die äussere Dachhaut ersetzt. Das System besteht aus Aluminiumprofilen, die für jede Modulabmessung individuell zuge­schnitten werden. So lassen sich beliebi­ge Solarmodule bis zu einer Grösse von etwa eineinhalb Quadratmeter verwen­den, sofern sie rahmenlos und höchstens 5 mm dick sind.
    Das mit Hilfe von Förderbeiträgen des Bundes entwickelte und inzwischen wei­ter optimierte System ist zum Export­schlager geworden. Laut Andreas Haller von der Herstellerfirma Ernst Schweizer AG in Hedingen gehen derzeit über 90% der Solrif-Systeme ins Ausland, der weit­aus grösste Teil davon nach Deutschland, wo kürzlich auch die bisher grösste Anla­ge mit Solrif-Profilen entstanden ist: eine 480-kW-Anlage auf dem Sheddach einer Möbelfabrik. Im Jahr 2001 konnte man in Hedingen Profile für eine Solarzellenfläche von 18.000 Quadratmetern aus­liefern - entsprechend einer kumulierten Anlagenleistung von über 2 MW.
Glasdach mit integriertem Strom- und schattenspender
    Zu den ästhetisch interessanten Integ­rationssystemen gehört auch die Tech­nik, Solarzellen direkt in Wármeschutz­glas einzulaminieren. Wie gelungen das Wechselspiel von Glas und dunklen Zel­len wirken kann, zeigt ein vor zwei Jah­ren realisierter Hallenerweiterungsbau der Kantonsschule Zürich-Stadelhofen. Die ins Glasdach integrierte Anlage ist keine billige Lösung, erfüllt aber gleich drei Funktionen: Sie spendet Schatten, erzeugt Strom und dient als raffiniertes Gestaltungselement. Bei heiterem Wetter wird das durch die Zellen entstehende Karomuster auf Boden und Wánden ab­gebildet. Durch die sorgfältig gewählte Farbgebung im Innern - dunkle Böden und Betonwände in Grau-, Rot- und Blautönen - kommt das Licht- und Schattenspiel beim Schulgebäude Stadelhofen besonders schön zur Geltung.
Dünnschichtzellen fürs Metalldach
    Stefan Nowak weist noch auf eine wei­tere Zukunftshoffnung hin: «Was vielfäl­tige und ästhetisch gelungene Integratio­nen anbelangt, sehe ich bei den Dünn­schichtzellen ein grosses Entwicklungs­potenzial. Diese Zellen lassen sich bei grösseren Produktionsvolumen sehr kos­tengünstig und mit einem minimalen In­put an grauer Energie herstellen und di­rekt in Dach- und Fassadenelemente in­tegrieren.» Bei Dünnschichtzellen ist die Licht absorbierende Halbleiterschicht nur noch wenige Tausendstel Millimeter dick.
Neuere Entwickldungen wie die Triple-­Zell-Technologie Von Unisolar in den USA erreichen heute stabile Wirkungs­grade von 8%. Im Vergleich zu markt­gängigen kristallinen Zellen mit 12 bis 16% ist dies zwar bescheiden. Aber Oliver Jonigk versichert: «Unsere Kunden sehen in diesem geringeren Wir­kungsgrad keinen Nachteil - eine 1-KW-Anlage belegt einfach entsprechend mehr Fläche.» Jonigk arbeitet für die Thyssen Bausysteme GmbH. Die deut­sche Firma ist Herstellerin eines Metakll­dachelements mit Dünnschichtzellen von Unisolar, die im Kaltklebeverfahren auf­laminiert werden. Den Witterungsschutz stellt eine Kunststofffolie (Tefzel) sicher. Das Unternehmen bietet das modular aufbaubare, Strom erzeugende Dachsys­tem auch inklusive Dämmschicht an. In der Schweiz wird seit kurzem ein ähnli­ches Produkt hergestellt: Das so genannte Eurodach, ein einfach zu montieren­des Metallfalzdach mit integrierter Dämmschicht aus Steinwolle, wird auf Wunsch auch als Solarvariante aus­geführt - sowohl mit thermischen wie mit photovoltaischen Elementen. Beim Euro­dach sorgen ebenfalls Dünnschichtzellen von Unisolar für die solare Stromproduktion.

Bid 7 Licht- und Schattenspiel an der Kantonsschule Zürich­-Stadelhofen: Hier sind Solarzellen direkt ins Glasdach der neuen Wandelhalle integriert (Bild Gian Vaiti).

Bild 8 Metalldachsysteme mit integrierten Dünnschichtzellen: Die Version aus Deutschland mit integrierter Dämmsicht aus PUR.Hartschaum (Bild Thyssen Bausvsteme Gmbh)

Bild 9 Metalldachsysteme mit integrierten Dünnschichtzellen: die Version aus der Schweiz, ein Metallfalzdach mit Steinwolle­dämmung (Bild FabriSolar AG).
 
Encart:
Mehrkosten für die Integration
Die entasheidenden Faktoren für den Preis von Solarstromanladen sind die gewählten Solarzellen und die Wechselrichtertechnik. Für aufgezetzte und aufgeständetre Standardanlagen rechnet man heute mit Investtitionkosten von ungefähr 10 Franken pro installiertes Watt Leistung (inklusive Installation). Kostengünstige Montagesysteme wie Solrif verursachen zuzätzlich Kosten von 0,5 bis 1 Franken pro Watt. Die Mehrkosten für die Schrägdachintegration lassen sich hier im günstigsten Fall durch die eingesparte äussere Dachhaut kompensieren. Dagegen fallen bei Dachintegrationen mit kleinformatigen Solardachziegeln im Vergleich zu aufgeständerten Anlagen Mehrkosten zwischen 20 und 50% an
Integrationssysteme (Auswahl)


Sunny Tile (Solardachziegel):
Star Unity ACI
8804 Au
Telefon 0l 782 61 61
http://www.starunity.ch/

Sunslates (Solardachschiefer):
SES Société d'Energie Solaire
1228 Plans-les-Ouates
Telefon 022 884 14 84

Sunjoule (grossflächiger Solardach­schiefer):
Etemit AG

8867 Niederurnen
Telefon 055 6l7 11 11
http://www.eternit.ch/

Newtec SonnnenDachZiegel:
Phönix SonnenStrom AG
D-85254 Sulzemoos
Telefon 0049 8135 938 000
http://www.sonnenstromag.de/

PV 700 (grossflächiger Solardach­ziegel):
Braas Schweiz AG
5612 Vilimergen
Telefon 056 621 22 24
http://www.braas.ch/

Solrif (Montagesystem):
Ernst Schweizer AG
8908 Hedingen
Telefon 0l 763 61 11
http://www.schweizer-metallbau.ch/

Solardach III (Montagesystem):
RegEn Energiesysteme GmbH
D-15827 Dahlewitz
Telefon 0049 3 37 08 31 35 7

Eurodach-Solar (Metalldachsystem mit Dünnschichtzellen):
FabriSolar AG
8700 Küsnacht
Telefon 0l 914 28 80
http://www.fabrisolar.ch/

Solartec (Metalldachelement mit Dünnschichtzellen):
Thyssen Bausysteme GmbH
D-46535 Dinslaken
Telefon 0049 20 64 68 86 07
http://www.thyssen-bausysteme.com/

Von einem Teil der hier aufgeführten Systeme können auf dem Gelände der ETH Lausanne
Demonstrationsanlagen im Massstab 1:1 besichtigt werden Telefon 021 639 45 45
www-demosite.ch